KStA 27.07.2006
Bereits elf Zen-Buddhisten ordiniert
Der Tag der offenen Tür ermöglichte Einblicke in die Kunst, die „Ewigkeit des Augenblicks“ zu finden.
Mechernich-Wachendorf – Es ist ein geschichtsträchtiger Ort, wenn auch keiner, an dem man zunächst erwartet, mit asiatischer Lebensphilosophie konfrontiert zu werden. Die Wirkungsstätte zen-buddhistischer Mönche im Turm des altehrwürdigen Schlosses Wachendorf hat sich jedoch in den vergangenen zwei Jahrzehnten zu einer festen Institution der westlichen Zen-Buddhisten gemausert. Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums öffneten die Mönche ihre Räumlichkeiten am Sonntag für die Öffentlichkeit.
Offene Weite
Neben der Besichtigung der Meditations- und Schulungsstätte bot sich den zahlreichen interessierten Besuchern die Gelegenheit zu informativen Gesprächen mit den Gläubigen. Besonders eindrucksvoll war für viele die Begegnung mit Harada Roshi, einem hohen zen-buddhistischen Würdenträger aus Japan, der seine Glaubensbrüder zum Festtag besuchte. 1986 wurde die abendländische Zen-Schule „Offene Weite“ von Taiku Güttler gegründet. „Eigentlich wollte ich als junger Mensch katholischer Priester werden“, erzählt der Erftstädter. Letztlich wurde er Familienvater und Pilot bei der Bundeswehr. „So gesehen war ich dem Himmel damals schon recht nah“, lacht der sympathische Prior der Wachendorfer Zen-Buddhisten.
Eine Lebenskrise vor über 30 Jahren machte Güttler zum Suchenden nach dem Sinn seines Lebens. „Zunächst versuchte ich mein Glück auf der christlichen Schiene, hielt mich in Klöstern auf und studierte Meister Eckhart, aber ich fand keine Antworten darauf, was ich für mich persönlich daraus machen sollte.“ Irgendwann kam Pater Lasalle zu Vorträgen in die Stadt, ein Jesuit, der in Japan dem Zen-Buddhismus begegnet war und nun in Deutschland versuchte, diesen mit dem Christentum zu verbinden.
Dualismus überwinden
„Ich empfand Zen als absolut grenzüberschreitend, etwas, was weit über den Dualismus unserer Denkweise hinausging.“ Von „schicksalhaften Begebenheiten“, die einen dazu verdonnern, mehr Verantwortung zu übernehmen, spricht Taiku Güttler, wenn man ihn fragt, wie er dazu gekommen ist, in Wachendorf erst die Zen-Schule und zwei Jahre danach den Orden zu gründen, in dem mittlerweile elf Zen-Buddhisten ordiniert wurden. Er selber ist seit 25 Jahren zen-buddhistischer Mönch.
Als seinerzeit das Kamalashila-Institut der tibetanischen Buddhisten im Schloss Wachendorf heimisch wurde, bot sich die Chance, dort ebenfalls einen Ort zu finden, an dem die Zen-Buddhisten ihre Übungen abhalten konnten. Auch wenn der Zen-Buddhismus und der tibetanische Buddhismus wenig gemeinsam haben – außer ihren Wurzeln. Dass Taiku Güttler nicht den in Japan üblichen, äußerst bürokratischen Weg beschreiten musste, um Zen-Meister zu werden und 1988 den Orden gründen zu können, verdankt er Harada Roshi, dem Abt eines der bedeutendsten Zen-Klöster in Japan, „sozusagen dem zweiten Mann hinter dem Papst in Sachen Zen-Buddhismus“, erklärt Güttler.
Der gab ihm die Order, in Deutschland unter seiner Schirmherrschaft den Orden aufzubauen. Und das hat der nunmehr 68-Jährige offenbar zu dessen vollster Zufriedenheit umgesetzt. Als „mutigen Mann“ bezeichnete der Japaner Taiku Güttler bei seinem Besuch auf Schloss Wachendorf, wo er nicht nur die nach einem Wasserschaden renovierten Räume im Turm einweihte, sondern auch mehrere Tage intensiv mit den anderen Mönchen Übungen abhielt. „Jeder Mensch ist von Geburt an ein Diamant und vollkommen. Wer das annimmt, ist den ersten Schritt in Richtung buddhistischen Glaubens gegangen“, erklärte der alte Mönch seinen Zuhörern im Garten des Schlosses.
Die zen-buddhistische Denkweise lässt sich nur schwerlich kategorisieren und erschließt sich vielmehr aus individueller Einsicht, die es durch Meditation zu erlangen gilt. „Jeder Mensch kennt Zen-Momente, es ist das totale Aufgehen beispielsweise in einer Arbeit“, erläuterte Harada Roshi. Das gänzliche Aufgesogensein durch eine Wahrnehmung, die „Ewigkeit des Augenblicks“, führe letztlich zur Erfüllung.
Armut, Treue, Gehorsam
„Nach meinem Verständnis ist Zen das Leben an sich“, so Taiku Güttler. Elf Brüder und Schwestern zählt der Orden in Wachendorf, Frauen und Männer, die ganz normale Berufs- und Familienleben haben. Zweimal die Woche aber kommen sie nach Wachendorf, um in der Gemeinschaft Zazen, die Übungen, zu praktizieren. Mönche und Nonnen legen ein Gelübde ab, in dessen Mittelpunkt Armut, Treue und Gehorsam stehen.
Allerdings wird dies im Zen-Buddhismus anders verstanden als bei christlichen Ordensgemeinschaften: „Es geht vielmehr um die richtige Einstellung zur materiellen Umwelt, auch wer reich ist, kann arm sein.“ Mit Treue ist vor allem die Treue zu sich selber gemeint, und die Bereitschaft, „sich nicht selber zu bescheißen“, wie Güttler es formuliert. „Unsere Tür steht jedem offen“, so Taiku Güttler. Wer also Interesse an den Übungen hat, die donnerstags und sonntags im Turm des Schlosses stattfinden, ist eingeladen. Auch bietet die Zen-Schule Übungstage an, deren Termine auf der Internetseite einsehbar sind.
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